Hunde

Der Deutsche Schäferhund im Film "Der Turm"

Gesucht: Ein Allrounder in schwarz/grau mit geradem Rücken
von

Es ist schon interessant, wenn man von Freunden die Möglichkeit bekommt, seinen Hund bei einer Filmagentur vorzustellen und dann noch mitmachen zu dürfen. Vor allen Dingen, wenn man nicht genau weiß, was auf einen zukommt. Schließlich trainiere ich meine Schäferhunde an der Schafherde, ein wenig im Schutzdienst, für den Hausgebrauch und nicht für den Filmauftritt. Eine spannende Gelegenheit, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Nachdem wir uns mit unseren Hunden beim Casting vor die Kamera gestellt hatten, wurden die Bilder zur Auswahl an das Filmteam gesendet und man entschied sich für uns. Zeitgleich wurde uns der Ablauf mitgeteilt. Am 19.10.2011 Anreise ins Parkhotel Pilsen, am 20.10. Requisite, Maske und der erste Drehtag. Am 21.10.2011 der zweite Drehtag.

So machten wir uns am 19.10.2011 auf in Richtung Pilsen zum Dreh. Zu unserer aller Überraschung erfuhren wir, dass der Dreh erst um 22 Uhr beginnen und bis in die Morgenstunden gehen sollte. Nun, das waren unsere Hunde ja gleich gar nicht gewöhnt, die schlafen eigentlich nachts. So wie wir. Und dann wurde es auch noch sehr kalt. Was tut man nicht alles...

Die Filmtieragentur hatte uns einen Betreuer geschickt, Peter Kloss. Gut, dass er vor Ort war. Ab sofort war er uns überall behilflich und bereitete uns den Weg am Set und unternahm alles, damit es den Hunden auch wirklich gut ging. Die Zimmer waren wunderbar, die Schäferhunde durften mit aufs Zimmer. Und wie der Name des Hotels schon sagt, wohnten wir direkt am Park, in dem wir herrlich mit den Hunden spazieren gehen konnte. Ebenso nutzten wir den Park, damit sich unsere Hunde miteinander vertraut machen konnten, damit es beim Dreh nicht zu Überraschungen in Form von Beißereien kommen konnte. Für die Hunde war es hier schon interessant. Mit Herrchen ins Hotel, fremde Hunde beim Spazierengehen, ein neuer Park und viele Leckerlies. Was will das Hundeherz mehr.

Es beginnt

Am 20.10. mittags war dann Maske. Diese war im Hauptbahnhof Pilsen, dem Drehort, in einem Seitenflügel untergebracht. Die Hunde hatten wir mit, wir ließen sie aber im Auto, es war kühl genug und bei der Anprobe hätten sie gestört. Wir wollten sie aber später unbedingt mit auf den Bahnhof nehmen, damit die Schäferhunde schon mal den Drehort und die damit verbundene Geräuschkulisse kennen lernen konnten. Schließlich ist der Bahnhof Plzen nicht der heimische Hundezwinger auf dem Dorf. Gedreht wurde auf einem Bahnsteig des Bahnhof Pilsens, welchen das MDR-Team in den Hauptbahnhof Dresden umbaute. Wir waren beeindruckt.

Und noch mehr in der Maske. Wenn über 300 Leute am Abend innerhalb von kürzester Zeit in ihr Kostüm müssen, kann man sich vorstellen, dass es da zwar nett und freundlich, aber doch zielorientiert und diskussionslos über die Bühne gehen muss. Ein wenig wie in der Kaserne. Nur mit netten Mitarbeiterinnen. Und in eine Kaserne fühlte ich mich auch zurückversetzt. Das lag aber mehr an den vielen Uniformen, die da hingen. Und einige waren für uns. Die der Transportpolizei, genannt Trapo. Also Bahnpolizei.

Nun zur Anprobe. Das Kostüm anschließend greifbar zurechtlegen, zurück in die eigenen Sachen und wieder alles raus zu den Hunden. Dann gingen wir mit zwei unserer Hunde den Drehbahnsteig auf dem Bahnhof besichtigen und wurden dort sofort von der echten Bahnhofspolizei angesprochen. Beißkorbpflicht für Hunde über 40 cm. Ein kurzes "Platz" an die Hunde konnte über ihre wahre Körpergröße nicht hinwegtäuschen. Aber nachdem wir unser Anliegen erklärt hatten, verziehen uns die "Kollegen". Und irgendwie hatte ich so langsam das Gefühl, das unsere Schäferhunde ganz cool sind und das alles klappen könnte.

1. Drehtag

Um 20:30 Uhr fuhren wir an den Pilsener Bahnhof, der uns nun mit dem Schild "Dresdner Hauptbahnhof" begrüßte. 21:30 Uhr waren wir ordnungsgemäß in unserer Uniform und positionierten uns im abgesperrten Filmbereich, wo sich unsere Hunde an die vielen Statisten und Schauspieler und die Mitarbeiter des Filmteams gewöhnen konnten. Nicht leicht für die Hunde, da beim Film anscheinend alles im Laufschritt geht. Kabel wurden verlegt, Kameras aufgebaut, Beleuchtung, Maske und Requisite wuselten auch noch rum und alles im Laufschritt an unseren Schäferhunden vorbei. Wir hätten die Hunde dort auch wegbringen können, wir wollten sie aber widerum an die Atmosphäre des Drehs gewöhnen. Und das war gut so, es sollte noch hektischer kommen.

Zwischendurch auch noch einmal eine Kontrolle der Hunde durch die Mitarbeiter der Requisite, ob die Leinen und Halsbänder der Hunde auch denen der DDR-Zeit entsprachen. Notfalls hatte das Filmteam nämlich alles original dabei. Das Filmteam war schwer in Ordnung, immer wieder die Frage, ob es den Hunden gut geht, ob wir etwas brauchen. Nun, bei uns war alles in Ordnung, bei den anderen auch und es konnte losgehen.

Und wir hatten unseren ersten Dreh. Auf einem Bahnsteig mit gefühlten 200 rennenden Personen von hinten und vorn mussten unsere Hunde in aller Ruhe, aber zügig mit uns durch die laufende Menschenmenge durchlaufen. Ganz knapp vor und neben und hinter uns rennende Menschen. Äußerst interessant für die Schäferhunde, welche wir ja auch im Schutzdienst trainieren. Unsere Hunde machten das ganz toll und blieben locker. Ich denke, nach der zehnten Widerholung hätten sie das ohne uns gemacht, denn sie zeigten uns, wie schnell sie lernfähig sind. Auf das über Megafon gesprochene Kommando "Position" erhoben sie sich, bei "Kamera" gingen sie in Spannung und bei dem Kommando "Akion" liefen sie los. Schlau, die Schäferhunde.

Es gab auch reichlich Pausen, so dass sie immer wieder Erholungsphasen hatten. Das Warten schien an diesem Tag das wichtigste zu sein, unsere Hunde nahmen es locker, zeigten Geduld und freuten sich über die wiederum freundlichen Menschen ringsherum. Ich hatte nämlich sicherheitshalber an die Statisten und Filmleute Leckerlies verteilt, damit mein Rüde alle um sich rennenden Leute auch schön als Freunde betrachtete. Und natürlich steckte ich ihm bei jedem Dreh auch etwas zu, so als Belohnung. Anscheinend habe ich es etwas übertrieben, denn beim morgentlichen Gassi setzte er sich fünfmal hin. Ihm hatte es geschmeckt. Und ich keine Tüten mehr.

Ich muss hier auch noch mal das Filmteam loben. Immer wieder kam die Frage, ob bei den Tieren alles in Ordnung ist, ob sie eine Pause brauchen oder eben ein paar nette Worte. Absprachen mit uns , was machbar oder möglich beim Dreh für die Tiere ist, streicheln und Leckerlie geben an unsere Hunde. Und das alles neben der vielen Arbeit am Set. Den Hunden hat es sichtbar viel Spass gemacht. Das sind ja eigentlich kleine Egoisten und zusätzliche Streicheleinheiten und Leckerlies sind willkommen. Die Pausen nutzten sie auch um ein wenig, um miteinander zu spielen.

Mir war es kalt, ich steckte in dieser dünnen DDR-Uniform, das Angebot von der Maske, die dicke DDR-Unterwäsche drunter zu ziehen hatte ich abgelehnt, ein Fehler. Die originalen, harten DDR-Armeestiefel waren auch nicht hilfreich zur Wärmegewinnung, denn die warmen DDR-Wollsocken hatte ich trotz Warnungen der Maske auch verschmäht. Nun gut, nicht bloß der Hund lernt. Und so endete der erste Tag mit einem freudigen, überfütterten Hund und seinem frierenden müden Herrchen morgens um fünf im warmen Bett im Hotel.

2. Drehtag

Das ganze nun wieder von vorn. Aber diesmal anspruchsvoller und schwieriger für die Schäferhunde. Während diese nämlich mit uns die Bahnsteigsausgänge bewachten, damit niemand der ca. 200 Demonstranten fliehen konnte, prügelten sich vor ihrer Nase ca. 50 Leute, Demonstranten und Polizei, auf dem engen Bahnsteig. Und die prügelten sich ordentlich, auch mit Schlagstöcken. Cool dachte ich, was die so alles können. Aber da waren natürlich Stuntmänner bei. Sah aber aus wie bei einer richtigen Demo. Und zwei wollte ich dann schon darauf hinweisen, das sie sich verletzt und Blut im Gesicht haben. Das habe ich dann Gott sei Dank gelassen. Die Maske sah aus wie echt. Zeitgleich rannten weitere Leute in panischer Flucht an unseren Hunden vorbei. Es war also reichlich Aktion.

Unsere Hunde bewachten auf jeden Fall die Ausgänge sicher, ließen ordentliches Belles hören und zeigten den Demonstranten gegenüber eine gute Aggression. So langsam kamen sie in Schwung und wurden wirklich sauer.

Und auch hier wieder, nach der fünften Probe auf "Aktion!" begannen sie zu knurren, auf "Cat" stellten sie das ein. "Ich brauch den Quando nur noch an der Tür anzubinden", dachte ich mir, "das andere erledigt der Kerl mit dem Mikrofon". Aktion, Cat, Aktion, Cat, braucht nur einer immer mal ein Leckerlie zur Betätigung bringen.

Schwer wurde es für die Hunde, weil sie nach diesem Dreh noch ein paar andere Einstellungen hatten, ohne Aggressionen. Sie hatten sich hochgeschaukelt und bekamen von der Regie eine große Pause genehmigt, damit sie ein wenig ausruhen und wieder runterkommen konnten. Danach bei den Szenen auf dem Bahnhof knurrte mein Quando auf jedenfall trotzdem immer mal noch sicherheitshalber auf "Aktion", nun ja, was er gelernt hat, hat er gelernt. Die Hunde waren jedesmal handlebar und als sie ihre Rolle als Streifenhunde spielten, stellte sich bei mir ein merkwürdiges Gefühl ein. Die Bahngleise, Schilder, Passanten, Trapos mit Hunden, die Bekleidung der Statisten, so war die DDR. Und als die Requisite in einer ruhigen Szene noch für Qualm aus den Weichen sorgte, hatte ich das Gefühl einer Zeitreise. Nun, Quando hatte solche Gefühle nicht, aber er drehte an der letzten Szene mit. Und als dann mit dem letzten Dreh alles im Kasten war und die Mitarbeiter und Schauspieler und Statisten klatschten und sich selbst und das durchaus berechtigt feierten, da war ich schon ganz stolz auf meinen Rüden. Und ein wenig auch auf mich.

Heimreise

Unsere Hunde hatten toll mitgemacht, hatten sich verstanden und gelernt. Aber auch für die Bindung zwischen uns und den Hunden tat die Reise gut. So ging es nach dem Ausschlafen und Frühstück gegen 13 Uhr wieder Richtung Heimat. Vor der Arbeit von Schauspielern und Filmteams ziehe ich ab sofort den Hut. Quando kam nach der Ankunft in seinen Auslauf zu seinen acht Mädels. Ich fand, er gab sich cooler als sonst...

DER TURM ist eine teamWorx-Produktion in Koproduktion mit dem MDR und der Degeto Film sowie NDR, BR, WDR, SWR und RBB für Das Erste, gefördert durch die Mitteldeutsche Medienförderung und das Medienboard Berlin-Brandenburg in Zusammenarbeit mit BETA Film.
Regie: Christian Schwochow

Links: